Obwohl Gewichtsdiskriminierung sehr häufig vorkommt und maßgeblich zu der sozialen Abwärtsspirale beiträgt, in der sich dicke Menschen oft wiederfinden, gibt es hierfür nur ein geringes gesellschaftliches Bewusstsein. Wir haben die Parteien gefragt, inwieweit sie planen, sich für eine Sensibilisierung der Bevölkerung für das Problem Gewichtsdiskriminierung einzusetzen.
Die Antworten der Parteien finden Sie auf der Website des von uns initiierten Projekts Die Wahlprüfsteine: http://www.die-wahlpruefsteine.de/K0Z1Q
Die Sensibilität für Gewichtsdiskriminierung muss gestärkt werden
In der dritten Woche unserer Interviewserie zum Abschlussbericht der von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) in Auftrag gegebenen Studie „Diskriminierungsserfahrungen in Deutschland“ haben wir mit Dr. Friedrich Schorb gesprochen. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Public Health der Universität Bremen und Mitglied im Beirat der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung.
Laut Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) wurden 634 Fälle von Gewichtsdiskriminierung geschildert. Hat Sie diese hohe Zahl überrascht, insbesondere weil ja nicht direkt nach Gewicht gefragt wurde?
Nein und ja. Nein, weil Untersuchungen aus englischsprachigen Ländern schon länger zeigen, dass Gewichtsdiskriminierung ein gravierendes Problem ist, das über alle gesellschaftlichen Bereiche hinweg verbreitet ist. Und seit einigen Jahren belegen auch Studien aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, dass dies kein rein anglo-amerikanisches Phänomen ist. Hinzu kommen die Alltagserfahrungen, die wir alle, gleich ob dick oder dünn, kennen. Witze über Dicke, das oft gehässige Kommentieren der Figur von Kolleg*innen, Freund*innen und Verwandten ebenso wie von Fremden auf der Straße sind Alltagspraktiken, die kaum in Frage gestellt werden. „Die Sensibilität für Gewichtsdiskriminierung muss gestärkt werden“ weiterlesen
Gewichtsdiskriminierung: eine alltägliche Erfahrung in Deutschland?
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat Ende Juni auf der Bundespressekonferenz im Rahmen ihres Berichts für den Bundestag die Ergebnisse der Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“ vorgestellt.
Im Fokus der Studie standen die sechs im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Merkmale Geschlecht, sexuelle Identität, ethnische Herkunft, Religion, Behinderung und Lebensalter sowie der soziale Status. Obwohl Diskriminierungen anhand des Körpergewichts damit nicht direkt abgefragt wurden, war die Fallzahl so hoch, dass Gewichtsdiskriminierung im Abschlussbericht der Studie mehrfach Erwähnung findet.
Wir haben dazu mit Chrstine Lüders, der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, gesprochen. „Gewichtsdiskriminierung: eine alltägliche Erfahrung in Deutschland?“ weiterlesen
Dicke Menschen: die letzte Gruppe, über die ungestraft Witze gemacht werden dürfen?
Diese Frage beschäftigt die Neue Osnabrücker Zeitung, die den Blick auf die 643 Fälle von erlebter Gewichtsdiskriminierung richtet, die sich im Abschlussbericht der Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“ finden. Die Studie wurde von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) beauftragt und vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) durchgeführt. Sie basiert auf einer telefonisch erfolgten Repräsentativbefragung mit 1007 Teilnehmer*innen und einer Online-Befragung mit 18.162 Teilnehmer*innen.
Viele Verbände haben seinerzeit ihre Mitglieder dazu aufgefordert an der Online-Befragung teilzunehmen, so auch die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung im Rahmen der Kampagne „Deine Stimme hat Gewicht“. Im Fragebogen mussten die Teilnehmer*innen ihre Diskriminierungserfahrung einer Kategorie zuordnen. Als Vorgaben standen die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgeführten Merkmale und die soziale Lage zur Verfügung, weshalb wir in unserer Kampagne gezielt auf den Punkt „Sonstiges, und zwar“ hingewiesen haben. Da die Studie nicht auf die Nennung von Diskriminierungserfahrungen anhand von Gewicht ausgelegt war, ist es äußerst bemerkenswert, dass 634 Fälle zusammengekommen sind.
Gewichtsdiskriminierung: Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt Handlungsbedarf auf
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat auf der Bundespressekonferenz im Rahmen ihres Berichts für den Bundestag die Ergebnisse der Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“ vorgestellt. Laut Abschlussbericht stehen 634 der erfassten Fälle in Zusammenhang mit Körpergewicht. Da innerhalb der zugehörigen Befragung das äußere Erscheinungsbild nicht gezielt abgefragt wurde, kommt dieser hohen Fallzahl eine besondere Relevanz zu. Dicke Menschen werden vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich mit Stereotypen und Herabwürdigungen konfrontiert. Dort wird „mehr als fünf Mal so häufig von Benachteiligungen aufgrund des Gewichts berichtet, als zu erwarten wäre“. Zur Wehr setzen sich Menschen mit hohem Gewicht auffallend selten. Während im Mittel 44,0 Prozent gegen die Situation oder die diskriminierende Person vorgingen, waren es in ihrer Gruppe nur 30,5 Prozent.
Insbesondere die fehlende Barrierefreiheit in Praxen und Krankenhäusern trägt zu einer schlechteren gesundheitlichen Versorgung dicker Menschen bei. „Die Qualität der gesundheitlichen Versorgung leidet deutlich, wenn Mobiliar und medizinische Hilfsmittel nicht auf den dicken Körper ausgelegt sind“, so Natalie Rosenke, Vorsitzende der Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung. „Einige Diagnoseverfahren stehen hochgewichtigen Menschen aufgrund unzureichender Dimensionierung der Geräte gar nicht zur Verfügung. MRT-Geräte sind ein typisches Beispiel hierfür.“ „Gewichtsdiskriminierung: Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt Handlungsbedarf auf“ weiterlesen
25 Jahre internationaler Anti-Diät-Tag
Diesem Jubiläum möchten wir mit einer besonderen Nachricht gerecht werden: Die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung wird in diesem Jahr erstmalig eigene Wahlprüfsteine erstellen, also einen Fragenkatalog, der den Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl zugeht.
Wie stark sind die Parteien bereits in puncto Gewichtsdiskriminierung sensibilisiert? Welche Parteien sind bereit, sich für einen Diskriminierungsschutz einzusetzen und in welcher Form? Wir wollen es wissen!
Die FDP macht den Schutz vor Diskriminierung zum Wahlthema
Die FDP hat das Thema Diskriminierung in ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 aufgenommen und durch die gewählte Formulierung eine Adressierung von Gewichtsdiskriminierung ermöglicht: „Wir wenden uns gegen jede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Religion, Hautfarbe, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, Behinderung, Alter oder einem sonstigen Status“, so der Wortlaut im Beschluss. Die genannten Merkmale decken sich mit denen, für die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) einen Diskriminierungsschutz gewährt, allerdings fehlt dort bis heute ein Zusatz, wie der hier über „oder“ angeschlossene, damit die Liste rechtlich als beispielhaft interpretiert werden kann.
Wie entscheidend diese Möglichkeit ist, zeigte sich 2014 in einem Urteil des Arbeitsgerichtes Darmstadt. Obwohl seitens der Klägerin eine Gewichtsdiskriminierung über den Mailverkehr im Rahmen der Bewerbung klar belegt werden konnte, scheiterte ihre Klage, da Gewicht im AGG nicht als geschütztes Merkmal erfasst ist und bei einer Konfektionsgröße 42 der Umweg über das Merkmal Behinderung bisher aufgrund der Definition von Behinderung nicht greift.
Wir begrüßen daher diese Öffnung des Diskriminierungsschutzes und hoffen, dass die FDP diese Position in eventuellen Koalitionsverhandlungen stark machen wird!
05.-07. Mai: Konferenz junger politischer Frauen – und die GgG ist mit dabei
Für Vorträge und Workshops kann die Gesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung inzwischen auf einen üppigen Themenvorrat zurückgreifen, dennoch ist jeder ein Unikat, da immer wieder neue Perspektiven hinzukommen. Dieses Mal wird allerdings vor allem die Form ein Unicat sein: Die Konferenz junger politischer Frauen hat unsere Vorsitzende, Natalie Rosenke, um einen Workshop mit Performance-Elementen gebeten.
Heute sagen wir „Bühne frei!“ für die Workshop-Beschreibung, am 06.05. hat dann unsere Vorsitzende um 13:30 Uhr in Halle ihren Auftritt. „05.-07. Mai: Konferenz junger politischer Frauen – und die GgG ist mit dabei“ weiterlesen
Tagungsband zur AGG-Fachtagung veröffentlicht
Es war einer der wichtigsten Meilensteine unserer Arbeit des vergangenen Jahres, Teil der Fachtagung „10 Jahre AGG – Evaluation und Ausblick“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zu sein. Im Forum „Aller guten Dinge sind sechs?“ hat unsere Gründerin und stellvertretende Vorsitzende, Stephanie Freifrau von Liebenstein, unsere Positionen auf dem Podium erfolgreich vertreten:
Sowohl Volker Beck, Mitglied des Deutschen Bundestages (Bündnis 90 / Die Grünen), als auch Steffen Beigang, Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM), sprachen sich klar für eine Aufnahme des „äußeren Erscheinungsbildes“ als schützenswertes Merkmal aus, wobei unter diesem Oberbegriff innerhalb der Diskussion Merkmale wie Gewicht und Größe zusammengefasst worden waren.
Den genauen Diskussionsverlauf können Sie ab sofort im zugehörigen Tagungsband nachlesen.
Keine Solidarität für dicke Menschen
„Dicke müssen endlich zahlen“, so die Forderung von Christoph Zürcher von der Neuen Zürcher Zeitung, der damit einen Aufpreis meint – schließlich würde das im Falle von übergewichtigem Gepäck genauso gehandhabt. Seine Sorge gilt den durch dicke Fluggäste reduzierten Gewinnen. Für die Flugbranche kündigt er daher das Solidaritätsprinzip auf und kommt zu dem Schluss: „Fliegen ist kein Menschenrecht.“
Diese Aussage stimmt erstmal in sich, denn in Art. 2 bis 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention findet sich kein Recht auf Mobilität oder Teilhabe. Aus Art. 3 ließe sich allerdings durchaus ableiten, dass man Menschen generell nicht wie Gepäckstücke behandeln sollte, denn „Niemand darf […] erniedrigender […] Behandlung unterworfen werden.“ Darüber hinaus ist die Achtung der Menschenwürde in Art. 7 der Bundesverfassung der Schweiz verankert, sie scheint allerdings in vergleichbar geringem Maße Anwendung im Falle von dicken Menschen zu finden wie Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Zum Artikel der NZZ
Dicke müssen endlich zahlen