Nachruf Cat Jeffrey Pausé 1979-2022

„Hi doll, how are you?” – So begannen viele ihrer Emails, und sie endeten stets mit ein paar Küsschen und „fetten Grüßen“. Cat Pausé schickte Postkarten mit bunten Briefmarken und inspirierenden Worten von Neuseeland aus in die ganze Welt; oft lag auch ein kleines Geschenk ihren Sendungen bei. Ihre Großzügigkeit, Warmherzigkeit und Zugewandtheit waren legendär; sie finanzierte die Reisekosten von Studierenden zu internationalen Konferenzen; sie nahm sich Zeit für Gespräche, die in ihrer Zeitzone mitten in der Nacht lagen; sie half anderen Forscher*innen beim Schreiben und Strukturieren ihrer Ideen und förderte Nachwuchswissenschaftler*innen, wo es nur möglich war.

Cat Pausé lehrte und forschte im Bereich Fat Studies/Soziologie/Public Health. Nach ihrem Studium in Soziologie an der Tech University Texas machte sie dort 2007 ihren Dr. phil. mit einer Arbeit über Identität und Gewicht bei hochgewichtigen Frauen; seit 2008 arbeitete die US-Amerikanerin im Fachbereich Pädagogik der Massey University, Palmerston, Neuseeland. 2017 kam eine weitere Qualifikation in Public Health dazu. Ihre Publikationsliste ist umfangreich ebenso wie die Liste ihrer Vorträge und öffentlichen Auftritte.

Cat war eine begabte Kommunikatorin, deren ungewöhnliche Fähigkeit, mit Dutzenden von Menschen weltweit regelmäßigen, herzlichen Kontakt zu halten, zu einem weltweit umspannenden Netzwerk von Dickenaktivist*innen und Fat-Studies-Forschenden beigetragen hat. 2017 bereiste sie im Rahmen eines Forschungsaufenthalts Europa und nahm dort systematisch Kontakt zu allen in Europa ansässigen Dickenaktivist*innen auf. Ihr Netzwerk ging aber weit über Europa, die USA und Neuseeland hinaus. Für ihren Podcast und ihre Radio-Show „Friend of Marilyn“, in dessen Titel sie auf die Dickenaktivismus-Ikone Marilyn Wann Bezug nahm, interviewte sie Aktivist*innen in allen Teilen der Welt. Sie organisierte drei große, einflussreiche internationale Tagungen im Bereich Fat Studies, die Forschende weltweit zusammenbrachte. Die dritte sollte im Juli 2022 stattfinden. Das von ihr zusammen mit Sonya Reneé Taylor herausgegebene International Handbook of Fat Studies (2021) vereint Forschende aus diversen Ländern und repräsentiert verschiedenste Disziplinen. Ihre Online-Vorlesungsreihe „Fat Studies MOOO“ versammelte eine ungewöhnliche Vielfalt an Aspekten und Hintergründen.

So leistete sie einen erheblichen Beitrag dazu, dass Fat Studies keine Disziplin bleibt, die auf die englischsprachigen Länder beschränkt ist.

Wir kannten sie persönlich, sie lebte 2017 im Rahmen ihres Forschungsaufenthalts einige Monate in Berlin, wo sie die Berliner Aktivist*innen-Szene („my dear Berlin fatties“) mit Karaoke-Abenden und Auftritten u.a. bei der von queeren Aktivist*innen organisierten „Fat Party“ aufmischte. Sie hatte einen unverwechselbaren Style und das Talent, mit Menschen verschiedenster Hintergründe sofort einen warmherzigen Kontakt aufzunehmen. Sie war modebewusst, politisch und kommunikativ klug, charmant, wahnsinnig gutaussehend.

Gleichzeitig – und das zeigte sich sofort, wenn man mit ihr arbeitete – war sie diszipliniert und hochprofessionell. Sie arbeitete Tag und Nacht, nahm keine Rücksicht auf sich, wenn eine Online-Veranstaltung in einer für sie ungünstigen Zeitzone lag und sie um 3 Uhr morgens einen Vortrag halten musste. Sie organisierte rasend schnell, mobilisierte Menschen für die verschiedensten Projekte. Ihre eigenen Beiträge gab sie überpünktlich ab und war sich für keinen Vortrag, sei er noch so entlegen, zu schade. Lud man sie zu irgendetwas ein, war sie dabei. Trotz dieser enormen Arbeitsbelastung blieb sie stets freundlich zugewandt, voller Witz und Charme.

In der Erinnerung unserer Freundschaft und Zusammenarbeit bleibt auch, wie sie private und berufliche Sphären trennte: Ging es in einer Mail um eine Zusammenarbeit an einem Buch oder Artikel, wählte sie eine höfliche, aber formelle Anrede und einen eher kühlen Schluss. Im selben Atemzug konnte sie einem aber eine private Mail schicken, die mit „Hi doll“ begann und mit „XoXoXo“ endete.

Cat wird in Erinnerung bleiben als eine von Leben sprühende Wissenschaftlerin und Aktivistin, die das einzigartige Talent besaß, Menschen zusammenzubringen und aus den Fat Studies in den USA eine weltweite Bewegung zu machen. Cat Pausé starb in der Nacht des 26. März 2022 plötzlich im Schlaf. Wir vermissen sie und werden sie nie vergessen.

Superdünn und trotzdem „fett“?

Cellulite-hautKein Problem, denn die neueste Neurose unter dünnen Frauen ist die Angst davor, „skinny fat“ zu sein. Wie man es anstellt, gleichzeitig sehr schlank zu sein und sich immer noch fett zu fühlen, zeigt zum Beispiel der Schweizer „Tagesanzeiger“: „Skinny fat“, ein Begriff aus dem englischsprachigen Raum, bezeichne „Menschen, die zwar, wenn sie bekleidet sind, schlank wirken, jedoch einen relativ hohen Fettanteil und einen geringen Anteil an Muskelmasse haben.“ „Superdünn und trotzdem „fett“?“ weiterlesen

Plus-Size oder nicht Plus-Size?

Amy Shumer 2011 (Bild: Mario Santor)
Amy Shumer 2011 (Bild: Mario Santor)

Das ist die Frage, die sich die aufgeregte Öffentlichkeit stellt, seit sich die US-amerikanische Comedienne und Schauspielerin Amy Shumer Anfang April in ihrem Instagram-Account über ihren Namen auf dem Cover eines neu erschienenen Plus-Size-Magazins echauffierte: „Plus Size bedeutet in Amerika Größe 44. Ich bin Größe 38 bis 40. […] Sollen junge Mädchen, die meinen Körpertyp sehen, denken, das sei ‚Plus Size‘? Was denkt ihr? Ich finde das nicht cool und ‚Glamour‘ nicht glamourös.“
Eine Woche später stellte sie in einem Auftritt in der „Tonight Show“ klar: „Ich liebe das Glamour Magazin, die waren immer sehr nett zu mir. Die haben viele gute Dinge für Frauen getan. Aber nach meiner Erfahrung mögen es die Leute nicht, wenn man sie als ‚Plus Size‘ klassifiziert. Wir brauchen diese Etiketten nicht. Wir brauchen sie nicht.“ „Plus-Size oder nicht Plus-Size?“ weiterlesen