Medien

Gewichtsdiskriminierung im Fernsehen


Dicke Menschen haben unter Diskriminierung in allen Lebensbereichen zu leiden. Das wird sich nur ändern, wenn es uns gelingt, die weitverbreiteten Vorurteile gegenüber dicken Menschen zu verändern. In einer vom Council on Size and Weight Discrimination durchgeführten Meinungsumfrage mussten wir leider feststellen, dass es DrehbuchautorInnen und ProduzentInnen von Comedy-Sendungen immer noch ganz normal finden, Witze auf Kosten dicker Menschen zu machen –Witze auf Kosten Behinderter oder Ausländer sind dagegen inzwischen ein absolutes Tabu. Es wird allerhöchste Zeit, dass dieses Tabu auch für Dicken-Witze gilt.
Im wirklichen Leben außerhalb des schönen Scheins der Fernsehwelt gibt es Dicke und Dünne, Kleine und Große, Zarte und Kräftige – und es gibt individuelle Vorlieben für jeden dieser Körper-Typen. Aber Zeitschriften und das Fernsehen definieren Schönheit nach streng festgelegten Maßstäben, denen die meisten Menschen nicht entsprechen. Nach diesem Schönheitsideal ist jeder Körper verachtenswert, der nicht extrem schlank ist. Die Medien werden es nicht müde, uns dieses Schönheitsideal Tag für Tag vor Augen zu halten – als Folge davon ist die ganze Nation besessen von Diäten und Gewichtsabnahme, egal um welchen Preis. Sinkende Lebensqualität und gesundheitliche Schäden werden in Kauf genommen bei dem Versuch, so dünn zu werden wie die Schauspielerinnen im Fernsehen.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. In den 1960ern war Twiggis extreme Magerkeit angesagt, zehn Jahre zuvor fand man noch Marilyn Monroes sinnliche Kurzen bedeutend attraktiver. Seit es Schönheitswettbewerbe gibt, wiegt Miss America jedes Jahr ein bisschen weniger. Und ein Star der letzten Jahrhundertwende dagegen, Lillian Russel, für viele ihrer ZeitgenossInnen die schönste Frau aller Zeiten, wog zwischen 80 und 100 Kilogramm.
Gewichtsdiskriminierung ist ungerecht, egal ob sie auf dem Arbeitsmarkt stattfindet oder in einer Fernsehsendung. Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass es unserer Gesellschaft besser gehen würde, wenn Menschen einander nicht mehr aufgrund von Äußerlichkeiten, insbesondere aufgrund des Körpergewichts, beurteilen würden. Gewichtsvielfalt ist ein wertvoller Aspekt unseres Lebens, und wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der man diese Vielfalt zu schätzen weiß, sich in seinem Körper wohlfühlt und andere aufgrund ihres Charakters und ihrer Persönlichkeit beurteilt, nicht aufgrund ihres Körpergewichts.

Klischees und Vorurteile

Klischees sind immer herabsetzend, da sie der Einzigartigkeit der Menschen nicht gerecht werden und nur die negativen Seiten betonen. Menschen, die kräftiger sind als der Durchschnitt, begegnen jeden Tag Vorurteilen – diese Vorurteile werden im Fernsehen jeden Tag verstärkt. In Sitcoms essen dicke Menschen unaufhörlich und werden als faul und dumm dargestellt. Am meisten leiden dicke Menschen unter dem Klischee, dass es ihnen gleichgültig ist, wenn man sich über sie lustig macht. Die Botschaft an dicke Menschen ist eindeutig: Du wirst akzeptiert, wenn du zulässt, dass man dich erniedrigt, ohne deswegen einen Aufstand zu machen. Die Folgen dieser Botschaft sind besonders für Jugendliche verheerend.
Amerika ist stolz auf die Chancengleichheit, die es – angeblich – jedem ermöglicht, sich vom Tellerwäscher zum Millionär hochzuarbeiten. In der Rechtssprechung werden Afro-Amerikaner und andere Minderheiten heute nicht mehr benachteiligt. Fernsehshows, in denen Schwarze als faul und dumm dargestellt werden, gehören glücklicherweise der Vergangenheit an. Es wird Zeit, dass auch die Unterdrückung dicker Menschen der Verhangenheit angehört.

Veränderungen bewirken

Wie können wir die Haltung von Menschen ändern? Wie können wir bewirken, dass Leute innehalten und nachdenken, bevor sie Witze reißen über das Körpergewicht ihrer Mitmenschen? Die folgenden Punkte sind ein Entwurf; sie sollen in erster Linie den Dialog anregen.
Für die ideale Fernsehwelt wünschen wir uns Folgendes:

  • Es gäbe keine Witze, die sich einzig auf das Körpergewicht beziehen, insbesondere keine Einzeiler über den Charakter von dicken Menschen. In den USA ist David Letterman mit seinen abendlichen Auftritten ein gutes Beispiel für diesen menschenverachtenden Humor, in Deutschland trifft man ihn zum Beispiel bei Stefan Raab.
  • Ein guter Test, um festzustellen, ob ein Gag okay ist: Einfach “dick” durch “schwarz” ersetzen. Wenn es dann rassistisch ist, dann ist es auch dicken-feindlich.
  • Bei Schauspielerinnen würde der Körperumfang keine Rolle spielen. Dicke Schauspielerinnen müssten nicht ständig in unangenehme, bemitleidenswerte oder unbeliebte Rollen schlüpfen.
  • Die romantische Hauptrolle würde auch mal mit einer dicken Frau besetzt werden – heute sind dicke Frauen fast ausschließlich als Freundin und Vertraute der männlichen Hauptrolle zu sehen (als Gegenstück müssten Männer zu sehen sein, die sich zu kräftigen Frauen hingezogen fühlen).
  • Dicke Menschen würden weder als zwanghafte Esser dargestellt noch dabei gezeigt, wie sie ständig Essbares in sich reinstopfen. Zahlreiche Studien belegen, dass dies ein Klischee ist, das nicht der Wirklichkeit entspricht.
  • Dicke Menschen würden nicht so gezeigt, als ob sie sich für ihr Gewicht schämen, und sie würden weder ständig Diäten machen noch ständig davon reden.
  • Es gäbe Rollen, in denen das überdurchschnittliche Körpergewicht ein Vorteil ist (eine dickenfreundliche Rolle), genauso wie solche, in denen das Körpergewicht keine Rolle spielt (eine dickenneutrale Rolle).
  • Die Diskriminierung gegen Dicke würde in Fernsehshows ab und an, gut integriert in die Handlung, thematisiert, und dabei eine Verbindung zu anderen Formen der Diskriminierung dargestellt.
  • Talkshows würden über all diese Dinge reden und aufzeigen, wie die Medien die Einstellungen und Vorurteile von Menschen beeinflussen.
  • Bislang haben DrehbuchautorInnen und ProduzentInnen keine Rücksicht genommen auf die Gefühle von mehr als 50 Millionen AmerikanerInnen, die dicker sind als der Durchschnitt. Wir möchten Sie dazu ermutigen, an Fernsehsender und an die Produzentinnen von Fernsehshows zu schreiben und sie zu bitten, dicke Menschen mit Respekt zu behandeln. Wir möchten erleben, wie FernsehproduzentInnen das tun, was richtig (und geschäftsfördernd) ist: Dicke Menschen realistisch und in vielseitigen Rollen zeigen und somit gängige Vorurteile bekämpfen.