Im Jahr 2008 machte die Stadt Los Angeles durch eine spektakuläre Maßnahme auf sich aufmerksam. Der Stadtrat erließ ein Verbot für das Betreiben neuer Fast-Food-Restaurants in einer Reihe von armen Vierteln im Süden der Stadt. Sieben Jahre nach seiner Einführung wurde der Fast Food-Bann in einer unabhängigen Studie evaluiert. Und das Ergebnis fiel für die Befürworter ernüchternd aus.
In einem Gebiet mit 700.000 Einwohnern, das meist als South LA bezeichnet wird, durften seit September 2008 keine neuen Fast-Food-Lokale mehr eröffnet werden. Bestehende Lokale durften zwar weiterbetrieben, aber nicht erweitert werden. Der Fast-Food-Bann wurde kontrovers diskutiert. Schließlich war es das erste Mal in den USA, dass ein Verbot neuer Fast-Food-Lokale ausgesprochen wurde, das sich nicht auf ästhetische oder verkehrstechnische Argumente, sondern auf die Gefahren der „Adipositas-Epidemie“ bezog und das sich, anders als vergleichbare Maßnahmen in manchen britischen Gemeinden, nicht nur gegen Kinder und Jugendliche richtete – also die Umgebung von Schulen und Parks zum Kriterium hatte –, sondern gegen die gesamte Bevölkerung von mehreren zusammenhängenden Stadtvierteln. Kritik am Fast-Food-Bann blieb nicht aus. Er sei willkürlich, nicht wissenschaftlich belegbar und ein Angriff auf die Freiheit der Konsumentinnen und Konsumenten, kritisiert die Lebensmittellobby. Es sei paternalistisch, erwachsenen Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten vorzuschreiben, zudem stelle die Maßnahme arme Menschen unter den Generalverdacht, nicht selbst für sich entscheiden zu können, bemängelten andere. Ein Kommentator unterstellte den Verantwortlichen gar impliziten Rassismus, sprach von „food apartheid“ und stellte rhetorisch die Frage: „Opening a McDonald’s in South-Central L.A. is not government-enforced racial discrimination. But telling McDonald’s it can open franchises only in the white part of town—what do you call that?”
Sieben Jahre nach seiner Einführung wurde der Fast Food-Bann jetzt evaluiert. Analysiert wurde die Entwicklung des Fast-Food-Konsums und des relativen Körpergewichts im Zeitraum 2007 bis 2012. Das Ergebnis fiel für die Befürworter des Fast-Food-Banns ernüchternd aus. Der Anteil der Bevölkerung mit einem BMI größer 25 stieg in South LA im Untersuchungszeitraum von 63 auf 75 Prozent, während der Anstieg in der gesamten Stadtgemeinde von 55 auf 56 Prozent im selben Zeitraum viel geringer ausfiel. Der Fast-Food-Konsum stieg sowohl in South LA als auch in Los Angeles insgesamt gleichermaßen an, blieb aber in South LA viel höher.
Das unerwartete Ergebnis lässt sich auch auf die umstrittene Definition von Fast Food zurückführen, die dem Fast-Food-Bann zugrunde liegt. Als Fast-Food-Lokal definierten die Behörden Selbstbedienungsrestaurants mit eingeschränkter Speisekarte, die Gerichte müssen vorgefertigt bzw. vor Ort schnell zubereitet sein und das Essen muss in Einwegverpackungen serviert werden. Darüber hinaus definierten die Behörden, dass die Regelung nur für alleinstehende Gebäude und für Drive-Through-Schalter gelten solle. Restaurants, die diese Kriterien erfüllen, gab es in South LA allerdings schon vor Einführung der Maßnahme seltener als im Rest der Stadt. Doch nur diese bekommen in South LA seit 2008 keine neuen Genehmigungen mehr und dürfen ihre bestehenden Restaurants auch nicht erweitern.
Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass trotz dieser Regelung in South LA seit 2008 pro Kopf mehr neue Fast-Food-Restaurants eröffnet wurden als im Rest der Stadt. Fast-Food-Restaurants definieren die Autoren der Studie – anders als der Stadtrat von Los Angeles – als Selbstbedienungsläden, die überwiegend Hamburger, Pizza, Tacos, Sandwiches oder frittierte Hühnerteile im Angebot haben. Viele dieser Restaurants konnten trotz Fast-Food-Bann Lizenzen erhalten, weil sie mindestens eines der genannten Kriterien nicht erfüllten. Meist konnten sie den Bann umgehen, indem sie auf freistehende Lokale und Drive-Through-Schalter verzichteten und sich in einem multifunktionalen Gebäude – etwa in einem Einkaufszentrum – einrichteten.
Außerhalb von South LA war der Anteil der Fast-Food-Restaurants unter den seit 2008 neueröffneten Restaurant trotz Bann nicht nur geringer als im Süden der Stadt. Hier wurden seit 2008 auch deutlich mehr große Restaurants mit Tischbedienung eröffnet als in South LA. Aus der Existenz von Restaurants mit Bedienung am Tisch auf eine kalorienärmere Ernährung zu schließen, sei allerdings verfehlt, merken die Autoren an: denn das Essen in Familienrestaurants sei im Durchschnitt kalorienreicher und weise einen höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren auf als das durchschnittliche Fast Food-Essen.