Der Trend ist unübersehbar, die körperliche Vielfalt in der Modeindustrie nimmt zu. Sogenannte Plus-Size-Modelle verlassen allmählich ihre Nische und machen sich im Mainstream breit. Bei den großen Modemessen sind Plus-Size-Laufstege längst Standard. Und jetzt ist auch ein besonders hartnäckiges Symbol des schlanken Schönheitsideals auf den Geschmack gekommen, die Sports Illustrated Swimsuit Edition. Unter dem Motto Swimsuits for all sind dort erstmals drei “Plus Size Models” in Bikinis zu sehen. Die bekannteste von ihnen Ashley Graham sogar auf der Titelseite. Doch das gefällt nicht allen.
Grahams BMI streift geradeso den umstrittenen Grenzwert für “Übergewicht” der WHO, den EpidemiologInnen mittlerweile übereinstimmend als das Gewicht mit der höchsten Lebenserwartung bezeichnen. Auch dürfte Grahams relatives Körpergewicht in etwa dem Durchschnittsgewicht von Frauen in westlichen Industrieländern entsprechen. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass Graham deutlich fülliger ist als die Supermodels, die in den vergangenen Jahrzehnten die neuste Bikinimode vorführen durften. Und dafür gab es neben viel Lob auch herbe Kritik.
Als erstes meldte sich Cheryl Tiegs zu Wort, eine Vorgängerin von Graham auf der Titelseite der Swimsuit Edition. Graham habe ein wunderschönes Gesicht, so Tiegs. Doch im Kontext von Fat Shaming ist, ein “schönes Gesicht” das Äquivalent zu “ich habe nichts gegen Ausländer”. Ihm folgt so sicher wie das Amen in der Kirche das aber. Und dieses aber hört sich bei Tiegs dann so an: “But, I dont think it’s healthy in the long run. Your waist should be smaller than 35 inches. That’s what Dr. Oz said and I’m sticking to it.”
Ähnlich äußerte sich auch die ehemalige britische Gesundheitsministerin Edwina Currie. Currie spart sich das wunderschöne Gesicht und legt gleich los. Ihrer Meinung nach sähe Graham nicht unglaublich gut, sondern schlicht ungesund aus. Mit dem Gewicht Grahams seien Probleme mit der Hüfte und den Knien sowie Diabetes vorprogrammiert. Wenn Modelle wie Graham in der Modeindustrie akzeptiert würden, so Currie weiter, dann entstünde der Eindruck, es sei okay dick zu sein und “Adipositas” werde zu Normalität. “We’re in the midst of an obesity epidemic in the UK and USA, and making fat look glamorous like Ashley does in these pictures only encourages people to be fat.”
Graham selbst lässt sich von diesen Anschuldigungen nicht beeindrucken und wirbt stattdessen offensiv für den Health-at-Every-Size-Ansatz. Der Rummel um ihre Person kommt ihr dabei sogar gelegen, denn so bekommt ihre Botschaft, das Gesundheit mit jedem Gewicht möglich ist, zusätzliche Aufmerksamkeit.